+++ Update zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht/§ 20 a IfSG +++ Erlass des TMASGFF zur Umsetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

seit der gesetzlichen Regelung zur Einführung der allgemeinen Impfpflicht im Gesundheits- und Pflegebereich durch § 20 a IfSG wird intensiv und heftig über das Ob und Wie der Einführung dieser einrichtungsbezogenen Impfpflicht diskutiert. Wenngleich auch gegenwärtig diese Diskussion durch die aktuellen politischen Umstände, der völkerrechtswidrigen Annektion der Ukraine durch Russland überlagert wird, steht die Einführung der Impfpflicht ab dem 15.03.2022 für alle betroffenen Einrichtungen und Mitarbeiter ins Haus, sodass Unterzeichner nach Auswertung der aktuell veröffentlichten Thüringer Verwaltungsvorschrift nachstehend Hinweise für die Umsetzung der gesetzlichen Regelung geben will. 

 

I. Allgemeines

 

Die für Einrichtungen des Freistaats Thüringen maßgebliche Verwaltungsvorschrift des Thüringer Gesundheitsministeriums ist in der Rechtsform des Erlasses vom 28.02.2022 auf der Internetseite bekanntgemacht worden. Im Anhang zu diesem Schreiben ist der Erlass verlinkt.

 

Dabei muss zunächst klargestellt werden, dass es sich bei diesem Erlass um eine interne Verwaltungsvorschrift innerhalb der Behördenhierarchie handelt, die die jeweils vor Ort handelnden Behörden hinsichtlich ihres Handlungsspielraums bindet und verpflichtet, die Regelungen des Erlasses unter Beachtung der verwaltungsverfahrensrechtlichen Vorschriften umzusetzen. Dagegen hat der Erlass keinerlei anderweitige Drittbindung. Insbesondere bindet er nicht die Gerichte, wenn es um die Auslegung der gesetzlichen Regelung des § 20 a IfSG im Rahmen von verwaltungsgerichtlichen, arbeitsgerichtlichen oder ordnungswidrigkeitsrechtlichen Verfahren geht. Die Gerichte sind an die gesetzliche Regelung des Infektionsschutzes und an die allgemeinen Auslegungsregeln, die für Gesetze gelten, gebunden. Diese Problematik könnte gerade bei der Interpretation des persönlichen Geltungsbereiches der einrichtungsbezogenen Impfpflicht eine erhebliche Rolle spielen, da in dem Erlass Positiv- wie Negativlisten für von der Impfpflicht erfasste bzw. nicht erfasste Personen veröffentlicht sind, die wiederum zu Widersprüchen führen können. Darauf gehe ich im Text im Einzelnen ein.

 

II. von § 20 a IfSG erfasste Einrichtungen und Unternehmen

 

a) überwiegende Erbringung gesundheitsbezogener Leistungen

 

Während der Gesetzestext des § 20 a Abs. 1 IfSG konkrete Gesundheitseinrichtungen benennt, ohne dafür das quantitative Ausmaß der Tätigkeit in diesen Bereichen zu definieren, sieht der Erlass des Gesundheitsministeriums nunmehr vor, dass diese Einrichtungen überwiegend im Gesundheitssektor tätig sein müssen. Dieses quantitative Merkmal soll dann erfüllt sein, wenn mehr als 50 % der von den Einrichtungen vorgehaltenen Angebote einer in § 20 a IfSG genannten Einrichtungsart entspricht.

 

Dabei stellt sich dem im Arbeitsrecht tätigen Juristen sofort die Frage, wie dieses Quantum zu verstehen ist. Handelt es sich also um das Ausmaß der unternehmerischen Tätigkeit in diesem Bereich, wenn ja, wie soll dieses gemessen werden? Wird es also anhand einer Zählung von Aufträgen oder anhand der Ausdifferenzierung der Umsätze bewertet? Im Tarif- und Betriebsverfassungsrecht gilt dagegen das Prinzip, wonach ein Unternehmen einer bestimmten Branche dann zuzuordnen ist, wenn in diesem Unternehmen die überwiegende Arbeitszeit der Beschäftigten des Unternehmens der Branche zuzuordnen ist. Dazu, welches Kriterium nun für die Ermittlung des quantitativen Überwiegenstatbestands heranzuziehen ist, schweigt sich der Erlass aus.

 

b) Mischbetriebe

 

Für Einrichtungen, die sowohl gesundheitsbezogene Leistungen als auch andere nicht von § 20 a IfSG erfasste Leistungen erbringen (sogenannte Mischeinrichtungen), sieht der Erlass eine Differenzierung insofern vor, als darauf abzustellen ist, ob die gesundheitsbezogenen Einrichtungsbestandteile tatsächlich räumlich von den anderen Einrichtungsleistungen abgegrenzt sind. Es würde also nach Auffassung des Erlasses darauf ankommen, inwiefern das Unternehmen diese verschiedenen Angebote räumlich so abgrenzt, dass jeglicher für eine Übertragung des Virus relevante Kontakt zwischen den dort jeweils tätigen Personen und den in der Einrichtung behandelten, betreuten, gepflegten oder untergebrachten Personen sicher ausgeschlossen werden kann. Dabei sollte nicht übersehen werden, dass Gesundheitseinrichtungen, wie etwa Krankenhäuser oder Pflegeheime, nicht nur gesundheitsbezogene Leistungen als Hauptdienstleistungen anbieten, sondern auch weitere Arbeitsleistungen verrichten müssen, die dem Vollzug der Gesundheitsleistungen dienen, wie Handwerksleistungen, Wäschereileistungen, Transportleistungen o. Ä. Diese Leistungen sind quasi Teil der Gesundheitseinrichtung. Diese kann dann allerdings nicht als Mischeinrichtung im Sinne des Erlasses verstanden werden. Würde dagegen eine Gesundheitseinrichtung sowohl gesundheitsbezogene Leistungen, wie etwa Krankenhausleistungen als auch andere nicht von § 20 a IfSG erfasste Leistungen, wie etwa Kinder- und Jugendhilfe, erbringen, müsste unter dem Blickwinkel des Bestehens einer Mischeinrichtung geprüft werden, inwieweit Mitarbeiter der Kinder- und Jugendhilfe organisatorisch, betrieblich, hierarchisch als auch tatsächlich und lokal vor Ort in den Betrieb der gesundheitsbezogenen Leistungen eingebunden sind. Kann dann ein Kontakt mit den vulnerablen Personengruppen nicht sicher ausgeschlossen werden, unterfallen diese Personen gleichwohl dem Nachweisregime des § 20 a IfSG.

 

c) erfasste Einrichtungen - Positivliste, Negativliste

 

Die Regelung des § 20 a Abs. 1 Nr. 1. a) bis o), 2. und 3. a) bis f) IfSG sieht bereits eine allgemein gehaltene Art einer Positivliste von erfassten Gesundheitseinrichtungen vor.

Dies wird durch den Erlass des Gesundheitsministeriums nunmehr noch wie folgt im Sinne einer zusätzlichen

 

Positivliste erweitert:

Praxen der bundesrechtlich geregelten humanmedizinischen Heilberufe (wie Arzt, Zahnarzt, Psychologischer Psychotherapeut, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut, Gesundheits- und Krankenpfleger, Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger, Hebamme, Diätassistent, Ergotherapeut, Logopäde, Orthoptist, Physiotherapeut, Masseur und med. Bademeister, med.-techn. Laboratoriumsassistent, med.-techn. Radiologieassistent, med.-techn. Assistent für Funktionsdiagnostik, Podologe, Altenpfleger (vgl. Liste der bundesgesetzlich geregelten Heilberufe in Deutscher Bundestag, wissenschaftliche Dienste, WD 9-3000-100/15), Hinweis: Apotheker und pharm.-techn. Assistenten gehören auch zu dieser Berufsgruppe. Da diese aber in der Negativliste aufgeführt sind, gebe ich dazu unten weitere Hinweise.

 

Einrichtungen der Blut- und Plasmaspende,

 

Hospizdienste sowie Einrichtungen der ambulanten palliativen Versorgung,

 

Praxen sonstiger humanmedizinischer Heilberufe (z. B. Heilpraktiker, Sprachtherapeuten),

 

Rettungsdienste (also Rettungswachen und deren Außenstellen, Notarztstandorte, Stationen der Wasserrettungsdienste, Luftrettungsstationen, Rettungseinrichtungen der privaten Hilfsorganisationen o. a. Unternehmen, auf die der Träger des Rettungsdienstes die Durchführung der Notfallrettung und des Krankentransports durch öffentlich-rechtlichen Vertrag übertragen hat),

 

Mischeinrichtungen im oben beschriebenen Sinne ohne eine eindeutige organisatorische, räumliche und personelle Abgrenzung, der Erlass differenziert dann weiter danach, ob es sich um eine Mischeinrichtung oder um mehrere Einrichtungen oder Unternehmen eines Trägers mit unterschiedlichen Leistungsgegenständen handelt und nennt dazu folgendes Beispiel: „Es ist von einer einheitlichen Einrichtung auszugehen, wenn eine kommunale Organisationseinheit sowohl Feuerwehrdienstleistungen (nicht von § 20 a IfSG erfasst, Hinweis d. Unterz.) als auch Rettungsdienstleistungen (von § 20 a IfSG erfasst, Hinweis d. Unterz.) erbringt und dabei das identische Personal einsetzt. Hingegen unterfällt eine Sozialberatungsstelle, die ein Träger in demselben Gebäude, wie eine ebenfalls von ihm betriebene Pflegeeinrichtung betreibt, nicht der Regelung des § 20 a IfSG, wenn das dortige Personal nicht auch zugleich in der Pflegeeinrichtung tätig wird.“,

 

 

Dienste der beruflichen Rehabilitation, wie z. B. Integrationsfachdienste, Dienstleister der unterstützenden Beschäftigung, des Budgets für Arbeit und des Budgets für Ausbildung sowie Unternehmen, die Arbeitsassistenzleistungen erbringen,

 

Medizinischer Dienst,

 

Leistungsberechtigte (Budgetnehmer), die im Rahmen eines persönlichen Budgets Personen für die Erbringung entsprechender Dienstleistungen beschäftigen.

 

Neben der einrichtungsbezogenen Positivliste hat das Gesundheitsministerium sodann auch noch eine einrichtungsbezogene Aufstellung von solchen Einrichtungen und Unternehmen erstellt, die nicht dem Anwendungsbereich des § 20 a IfSG unterliegen, und zwar wie folgt;

 

Negativliste:

 

Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, auch bei vereinzelter Betreuung von Behinderten,

 

Apotheken, auch wenn diese Covid-19-Schutzimpfungen vornehmen (Hinweis: Die Herausnahme der Apotheken aus der Impfpflicht des § 20 a IfSG stößt bei Unterzeichner auf Bedenken. Apotheker sind Teil der bundesrechtlich geregelten humanmedizinischen Heilberufe, ebenso pharm.-techn. Assistenten. In Apotheken findet regelmäßig ein Kontakt mit vulnerablen Personengruppen statt. Inhaltlich betrachtet ist es also nicht nachvollziehbar, weshalb Apotheken aus dem Kreis der einrichtungsbezogenen Impfpflicht herausgenommen werden. Gleichwohl sind Apotheken aber in der Positivliste des § 20 a IfSG nicht erwähnt, sodass die Herausnahme nach der gesetzlichen Regelung wohl folgerichtig ist),

 

Heil- und Hilfsmittelhersteller, selbst wenn Kundenkontakt besteht,

 

Integrationshelfer in Schulen und Förderschulen,

 

Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe/Obdachlosenhilfe,

 

rechtlich und organisatorisch selbständige Einrichtungen/Unternehmen, die mit Einrichtungen, welche ihrerseits dem Anwendungsbereich des § 20 a IfSG unterfallen, lediglich dieselbe Immobilie einschließlich von Gemeinschaftsräumen nutzen (z. B. ein Hörgeräteakustiker hat seine Räumlichkeiten neben einer HNO-Praxis, davor ist ein einheitlicher Wartebereich, oder es erfolgt eine gemeinsame Nutzung einer Teeküche und von Toiletten durch Beschäftigte einer Arztpraxis und eines Nagelstudios in nebeneinander liegenden Räumlichkeiten),

 

Testzentren, soweit diese nicht direkt vom Gesundheitsamt betrieben werden (für öffentlich betriebene Testzentren gilt die Impfpflicht direkt aus § 20 a Abs. 1 Ziff. 1. j) IfSG),

 

Impfstellen, die nicht von einem Gesundheitsamt betrieben werden (für diese gilt die Impfpflicht aus § 20 a Abs. 1 Ziff. 1. j) IfSG),

 

Suchtberatungsstellen,

 

Einrichtungen des polizeiärztlichen Dienstes,

 

Erbringung von Pflegeleistungen in privaten Räumlichkeiten auf Grund privatrechtlicher Vereinbarung ohne Anbindung eines zugelassenen Pflegedienstes,

 

Einrichtungen nach § 35 a SGB VIII der Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche mit seelischer Behinderung,

 

familienentlastende Dienste/familienunterstützende Dienste in der Behindertenhilfe,

 

med.-diagn. Labore (sofern nicht Bestandteil einer Einrichtung nach § 20 Abs. 1 Satz 1 IfSG),

 

Betriebsärzte (verfügen Betriebsärzte allerdings über eigene Praxen, dürften diese bereits nach § 20 a Abs. 1 Ziff. 1. h) IfSG der Impfpflicht unterfallen),

 

integrative Kitas und Förderschulen,

 

Beförderungsdienste, die für Behinderte von diesen selbst organisierte Fahrten durchführen, also ohne Beauftragung durch die Einrichtung (Hinweis: Beförderungsdienste, die auf Grund von mit Gesundheitseinrichtungen geschlossenen Kooperationsverträgen Beförderungsdienste für behandelte, betreute, gepflegte oder untergebrachte Personen erbringen, unterfallen bereits nach § 20 a Abs. 1 Ziff. 3. e) IfSG der Impfpflicht),

 

Übungsleitungen, die ärztlich verordneten Rehabilitationssport außerhalb von Rehaeinrichtungen durchführen.

 

Es ist davon auszugehen, dass sowohl die Positiv- als auch die Negativliste des Erlasses weiterhin Fragen zu einzelnen Einrichtungen oder Einrichtungsbestandteilen offen lässt, die dann im Rahmen der Auslegung in der Praxis beantwortet werden müssen.

 

III. persönlicher Geltungsbereich - Tätigkeit von Personen

 

Das Gesetz nennt als Adressaten der Impf-Nachweispflicht alle in den Einrichtungen tätige Personen ohne eine nähere Differenzierung, die sich aus zeitlichen, inhaltlichen und vertraglichen Komponenten ergeben könnte, vorzunehmen. Der Erlass versucht nunmehr, hier eine Abgrenzung vorzunehmen, indem auch für den persönlichen Geltungsbereich des Gesetzes eine Positiv- und Negativliste erarbeitet wurde.

 

So soll nicht jeder etwa nur zeitweiser Aufenthalt in einer Gesundheitseinrichtung zu einer Nachweispflicht führen. Die Präzisierungsversuche, die der Erlass anstellt, sind aber nicht durchgehend für die Beantwortung aller in Betracht kommenden Fragen geeignet.

 

Positivliste

 

 

Personen, die in der Einrichtung regelmäßig und nicht nur wenige Tage und nicht nur vorübergehend tätig werden und deren Einsatz nach einem festen im Vorfeld absehbaren Zeitrhythmus erfolgt, sollen von der Nachweispflicht erfasst sein. Dabei lässt der Erlass offen, was das Ministerium unter „nur wenige Tage“ und „nicht nur vorübergehend“ versteht.

 

Bezogen auf das Vertragsverhältnis werden Personen, die in einem Arbeits-, Ausbildungs- oder Dienstverhältnis stehen, von der Nachweispflicht des Gesetzes erfasst, „sofern der unmittelbare Kontakt mit der dort vorhandenen vulnerablen Klientel nicht gänzlich auszuschließen ist“. Mit der zuvor zitierten Ausnahme will der Erlass offensichtlich die Möglichkeit schaffen, solche Personen, die in Gesundheitseinrichtungen tätig sind, von der Nachweispflicht zu entbinden, wenn durch betriebliche, organisatorische und arbeitsvertragliche (direktionsrechtliche) Maßnahmen sichergestellt ist, dass keinerlei Kontakt mit vulnerablen Personengruppen der Gesundheitseinrichtung erfolgt. Ein solcher fester Ausschlusstatbestand kann nur dann gegeben sein, wenn durch die Eigenart der Arbeitstätigkeit und durch konkrete betriebliche Regelungen (Betriebsvereinbarungen und Anweisungen) sichergestellt ist, dass ein Kontakt ausgeschlossen ist. Scheinbar stellt der Erlass hier nur auf den unmittelbaren Kontakt der jeweiligen Person mit der vulnerablen Klientel ab, nicht auf mittelbare Kontakte über andere in den Einrichtungen tätige Personen. Der Erlass nennt Beispielfälle für eine bestehende Nachweispflicht:

 

Beschäftigte von Fremdfirmen (z. B. Reinigungsfirmen),

 

Hausmeister, Transport-, Küchenpersonal,

 

externe Dienstleister, die in einer Einrichtung regelmäßig ihre Dienste im Auftrag der jeweiligen Leitung erbringen (von der Einrichtungsleitung für alle Bewohner eines Pflegeheims organisierter Frisör, Kosmetiker), anders wenn private Dienstleistungen von Patienten, Bewohnern oder Betreuten eigenständig ausgewählt und beauftragt werden. In diesen Fällen soll keine Nachweispflicht bestehen, auch wenn für die Ausübung der Dienstleistung die Einrichtung betreten werden muss!

 

Bundesfreiwilligendienstleistende,

 

ehrenamtlich Tätige, die regelmäßig in der Einrichtung Aufgaben übernehmen,

 

Personen, die im Rahmen ihrer Ausbildung praktische Ausbildungsinhalte in der Einrichtung absolvieren,

 

freie Mitarbeiter (Honorarkräfte, Berater usw.), die regelmäßig und nicht nur zeitlich vorübergehend in der Einrichtung tätig sind.

 

 

Außerdem gilt die einrichtungsbezogene Nachweispflicht für Personen jeden Alters, auch für Minderjährige oder Rentner oder für Schwangere, wenn diese dem persönlichen Geltungsbereich zuzuordnen sind.

 

Neben den Beispielfällen, die für eine Nachweispflicht erfasst werden, hat der Erlass auch eine Negativliste für nicht erfasste Personen wie folgt erstellt:

 

sämtliche Personen, die die Einrichtung in hoheitlicher Funktion, insbesondere zu Aufsichts- oder Kontrollzwecken aufsuchen (Heimaufsicht, Lebensmittelüberwachung, Polizei, Ordnungsamt usw.),

 

Berufsbetreuer im Sinne von §§ 1896 ff. BGB,

 

Besucher der behandelten, betreuten, gepflegten oder untergebrachten Personen,

 

externe Prüfer (^ Personen, die die Einrichtung nur aufsuchen, um dort Prüfungen im Zusammenhang mit dem Erwerb von Berufsabschlüssen und -qualifikationen abzunehmen oder in vergleichbarer Weise zur Berufsausbildung oder -qualifikation ihnen anvertraute Personen in Einrichtungen aufsuchen (z. B. externe Lehrkräfte),

 

Handwerker, auch sofern diese mehrere Tage am Stück Leistungen erbringen (Hinweis: Hier ist ganz offensichtlich der Fremdhandwerker und nicht der im Unternehmen angestellte Handwerker gemeint. Für den angestellten Handwerker gilt die Nachweispflicht, sofern nicht, wie oben erwähnt, der unmittelbare Kontakt mit der vulnerablen Klientel gänzlich ausgeschlossen werden kann und er nicht regelmäßig eingesetzt wird),

 

externe Dienstleister, die in der Einrichtung ihrer Dienste ohne Beauftragung durch die jeweilige Leitung anbieten,

 

Praktikanten im Rahmen von Schulpraktika,

 

Bestatter,

 

Betreuungsrichter.

 

IV. Nachweisverfahren

 

Bestandspersonal

 

a) Nachweisvorlage

 

Wie die gesetzliche Regelung sieht der Erlass vor, dass die von der Nachweispflicht erfassten Personen, die am 15.03.2022 bereits in den Einrichtungen tätig sind, gegenüber der jeweiligen Leitung den Nachweis erbringen müssen.

Erstaunlicherweise weist das Gesundheitsministerium darauf hin, dass die vorgelegten Dokumente nicht veraktet werden dürfen. Hier stellt sich bereits die Frage, wie eine sinnvolle und nachvollziehbare Plausibilitätsprüfung zum Nachweis durch die Leitung der Gesundheitseinrichtung erfolgen soll, wenn diese Dokumente zum Nachweis nicht erfassen darf. Gerade die Meldungen von zweifelhaften Nachweisen gegenüber dem Gesundheitsamt bedürfen einer Begründung. Hier muss die Einrichtung in die Lage versetzt werden, solche Dokumente auch unter Datenschutzaspekten zu verarbeiten, zumal dies im Sinne des § 26 Abs. 1 BDSG für die Durchführung des Beschäftigungsverhältnisses relevant ist. Dem Dokumentationsverbot unterliegt nicht die Erfassung des Ablaufdatums eines Nachweises mit Zuordnung zur Person.

 

b) Benachrichtigung des Gesundheitsamtes

 

Die Einrichtungsleitung hat das Gesundheitsamt in folgenden Fällen zu benachrichtigen:

 

Es liegt weder ein Impf-, Genesenen- noch Kontraindikationsnachweis vor oder

ein vorgelegter Nachweis erzeugt Zweifel an dessen Echtheit oder inhaltlicher Richtigkeit.

 

Prüfpflicht der Einrichtung

 

Die Leitung der Einrichtung hat die vorgelegten Nachweise auf Plausibilität zu überprüfen. Es muss also eine Zuordnung des Nachweises zum Impfstatus, Genesenenstatus oder Kontraindikationsstatus erfolgen, die gesetzlich oder durch Verordnung vorgegebenen zeitlichen Schienen müssen beachtet und der jeweilige Nachweis dahingehend überprüft werden. Die Echtheit des Nachweises kann nur nach dem Prinzip des ersten Augenscheins überprüft werden. Als typische augenscheinliche Zweifelsfälle nennt der Erlass:

 

Bescheinigung des Genesenenstatus für 3 Jahre,

 

Impfnachweis von der Feuerwehr ausgestellt,

 

Kontraindikationsnachweis von ausländischem Mediziner erteilt; ein Kontraindikationsnachweis kann von jedem Arzt ausgestellt werden, jedoch nicht von einem Heilpraktiker (vgl. VG Gera, Beschl. v. 17.06.2021, 3 E 689/21 Ge m. Verw. auf VG Potsdam, Beschl. v. 23.09.2020, VG 6 L 824/20; so zitiert aus dem Erlass).

 

Zuständiges Gesundheitsamt

 

Als zuständiges Gesundheitsamt ist das Amt zu informieren, in dessen Bezirk die Einrichtung sich befindet. Der Wohnsitz der in der Einrichtung tätigen Person, zu der die Daten zu übermitteln sind, bleibt unbeachtlich, auch wenn diese Person in einem anderen Bundesland wohnt. Gleiches gilt für Personen, die in mehreren Einrichtungen tätig sind, die in Zuständigkeitsbezirken mehrerer Gesundheitsämter liegen.

 

Art der Übermittlung

 

Auf Länderebene ist die Einrichtung eines elektronischen Meldeportals beabsichtigt. Dies konnte allerdings in der Kürze der Zeit noch nicht installiert werden. Sollte das Meldeportal bis zum 16.03.2022 nicht betriebsfähig sein, sind die Daten dem Gesundheitsamt elektronisch per Ende-zu-Ende-verschlüsselter E-Mail oder postalisch zu übermitteln. Der Erlass betont darüber hinaus, dass die Einrichtungen zur Nutzung des elektronischen Meldeportals nicht verpflichtet werden können.

 

Wer ist meldepflichtig?

 

Der Meldepflicht unterliegt die jeweilige Leitung der Einrichtung. Betrifft die Meldung die Leitung selbst, etwa bei freiberuflich oder selbständig Tätigen, haben diese Personen die Meldung über einen eigenen fehlenden bzw. zweifelhaften Immunitätsnachweis selbst zu erbringen.

 

Inhalt der Meldung

 

Dem Gesundheitsamt sind:

 

Name und Vorname,

Geburtsdatum und Geschlecht,

Anschrift der Hauptwohnung oder des gewöhnlichen Aufenthaltsorts bzw. des derzeitigen Aufenthaltsorts,

soweit vorliegend Telefonnummer und E-Mail-Adresse

 

zu übermitteln.

 

Außerdem hat die Gesundheitseinrichtung den Grund der Übermittlung anzugeben. Daneben muss die Gesundheitseinrichtung Personen der Leitung und die Person benennen, die die Übermittlung der Daten an das Gesundheitsamt ausführt.

 

Benachrichtigungsfrist

 

Die gesetzliche Regelung sieht für die Benachrichtigung des Gesundheitsamtes vor, dass dies unverzüglich erfolgen soll. Der Erlass konkretisiert dies nunmehr auf einen Zeitraum von 2 Wochen, erstmals gerechnet ab dem 15.03.2022 und sodann ab dem jeweiligen Wegfall des mitarbeiterbezogenen Nachweises. Bei einer starken personellen Einschränkung der Gesundheitseinrichtung durch das Infektionsgeschehen soll die Frist auch mehr als 2 Wochen betragen können, wobei 4 Wochen als absolute Zeitgrenze betrachtet wird!

 

Bei Ausbleiben der Benachrichtigung oder verspäteter Benachrichtigung sollen die Gesundheitsämter Bußgeldverfahren gegen die Einrichtungen einleiten. Eine Benachrichtigung muss nicht erfolgen, wenn 100 % aller Beschäftigten die Nachweise vorgelegt haben und keine Zweifel bestehen.

 

Arbeitsrechtliche Sanktionen bei fehlender Nachweisvorlage?

 

In dem Erlass weist das Gesundheitsministerium noch einmal darauf hin, dass die Gesundheitseinrichtung bei fehlender Nachweisvorlage von Beschäftigten nicht gehalten ist, eigeninitiativ ein Tätigkeits- bzw. Betretungsverbot zu erteilen. Ausdrücklich wird darauf hingewiesen, dass Einrichtungen solche Personen, die bis zum 15.03.2022 bereits beschäftigt sind und keinen Nachweis vorgelegt haben, weiterbeschäftigen können.

 

c) Verwaltungsverfahren im Gesundheitsamt

 

Im Gesundheitsamt wird man sich zunächst auf die systematische Erfassung der eingegangenen Benachrichtigungen konzentrieren. Sodann ist eine Abarbeitung nach einer vom Gesundheitsministerium herausgegebenen einrichtungsbezogenen Priorisierungsliste vorgesehen. Die Priorisierungsliste ist am Ende dieses Schreibens verlinkt. Nach einem vom Gesundheitsministerium veröffentlichten Schaubild soll durch das Gesundheitsamt ca. Anfang bis Mitte April die Priorisierung der Bearbeitungsreihenfolge vorgenommen werden.

 

Nach der Priorisierungsliste des Gesundheitsministeriums stehen Alten- und Behindertenpflegeeinrichtungen an 1. Stelle, Krankenhäuser an 2. Stelle, ambulante Pflegedienste an 4. Stelle und Arztpraxen am 11. Stelle der 19 Einrichtungsarten umfassenden Priorisierungsliste. Daher ist davon auszugehen, dass die Gesundheitsämter die Benachrichtigungen der Pflegeeinrichtungen und Krankenhäuser vordringlich bearbeiten wird.

 

Fehlender Nachweis

 

Die Gesundheitsämter werden sodann im Rahmen der vorgegebenen Bearbeitungsreihenfolge zunächst die Personen kontaktieren, die keine Nachweise vorgelegt haben. Dies soll nach den zeitlichen Vorgaben des Gesundheitsministeriums im Zeitraum vom Mitte April bis Mitte Mai geschehen. Dabei sollen die Gesundheitsämter von den betroffenen Personen die Nachweisvorlage innerhalb von 4 Wochen verlangen.

 

Erfolgt sodann die Vorlage eines Nachweises innerhalb der gesetzten Frist, ist das Verwaltungsverfahren einzustellen, sofern an der Echtheit und inhaltlichen Richtigkeit des Nachweises keine Zweifel bestehen.

 

Einleitung Ordnungswidrigkeitenverfahren

 

Wird der Nachweis innerhalb der vom Gesundheitsamt gesetzten Frist nicht vorgelegt, hat das Gesundheitsamt ein Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen der Nichtvorlage des Nachweises nach § 73 Abs. 1 a Nr. 7 h) IfSG einzuleiten. Zugleich ist die betroffene Person über die Einleitung des Ordnungswidrigkeitenverfahrens anzuhören und nochmals auf bestehende Impfmöglichkeiten hinzuweisen. Für die Einleitung dieses Bußgeldverfahrens wird vom Gesundheitsministerium ein Zeitraum zwischen Mitte Mai bis Anfang Juni 2022 vorgesehen. Parallel zum Bußgeldverfahren holt das Gesundheitsamt zur Vorbereitung des Verbotsverfahrens Informationen über die aktuellen Versorgungskapazitäten auf dem jeweiligen Gesundheitssektor ein. Ob diese ausschließlich durch Nachfrage beim jeweiligen Arbeitgeber erfolgt oder auch andere Aktivitäten zu unternehmen sind, ist bislang nicht geklärt.

 

Sollte die betroffene Person nunmehr ihre Bereitschaft erklären, sich einer Impfserie zu unterziehen, ist das Bußgeldverfahren wie auch das Verbotsverfahren zu unterbrechen, sofern sich aus den Informationen der betroffenen Person ein Nachweis über eine Terminierung zu einer Impfserie ergibt und der 1. Termin nicht mehr als 3 Wochen in der Zukunft liegt. In diesem Fall ist die betroffene Person durch das Gesundheitsamt zu beauflagen, innerhalb angemessener Frist nach dem letzten Impftermin einen Nachweis über die Erlangung des vollständigen Impfschutzes vorzulegen.

 

Kommt die betroffene Person dieser Aufforderung dann nicht termingemäß nach, sind das Bußgeldverfahren sowie das Verbotsverfahren weiterzubetreiben.

 

Verbotsverfahren

 

In dem vom Gesundheitsamt durchzuführenden Verfahren, gerichtet auf ein Tätigkeits-, Betretungsverbot, hat das Gesundheitsamt die betroffene Person selbst und die Gesundheitseinrichtung anzuhören. Dabei soll insbesondere die Bedeutung der Tätigkeit der Person im Unternehmen und die Auswirkungen eines Verbots auf die Versorgungssicherheit aufgeklärt werden. Andere Stellen, wie etwa andere Ämter des Landkreises, die Kassenärztliche Vereinigung Thüringen (Kassenzahnärztliche Vereinigung Thüringen), die Agentur für Arbeit, Pflegestützpunkte, Berufsverbände, Heimaufsicht und Pflegekassen sind, sofern erforderlich, ebenfalls zur Frage der Versorgungssicherheit zu beteiligen. Mit Blick auf die zeitliche Priorisierung des Gesundheitsministeriums rechnet dieses damit, dass die Gesundheitsämter Anfang bis Mitte Juli 2022 Bescheide zu Verbotsverfügungen treffen. Diese sollen Ende Juli/Anfang August, also zwei Wochen nach Bekanntgabe, Rechtswirkungen entfalten. Im Rahmen der Anhörung der betroffenen Gesundheitseinrichtung ist diese rechtzeitig über das beabsichtigte Verbot in Kenntnis zu setzen, sodass die Gesundheitseinrichtung wenigstens 6 Wochen Zeit für Dienstplanänderungen hat.

 

Verbotsverfügung-Ermessensausübung

 

Bei der Verhängung eines Tätigkeits-/Betretungsverbots haben die Gesundheitsbehörden pflichtgemäßes Ermessen zu wahren. Das bedeutet, dass der Behörde für die Entscheidung ein Ermessensspielraum zusteht, dieses Ermessen aber auf Basis der gesetzlichen Regelungen und Vorschriften ermessensfehlerfrei ausgeübt werden muss. Demzufolge hat das Gesundheitsministerium Kriterien für diese Ermessensausübung wie folgt festgelegt:

 

Grad des Infektionsrisikos
Bei der Entscheidung ist zu berücksichtigen, inwieweit die Art und Weise der Tätigkeit der nachweisfälligen Person in der jeweiligen Gesundheitseinrichtung mit Personenkontakt verbunden ist, und zwar insofern, als Kontakt zu vulnerablen Personengruppen der Einrichtung möglich bzw. wahrscheinlich sind. Exemplarisch erwähnt der Erlass die Tätigkeit eines Narkosekrankenpflegers in einem Krankenhaus, bei dem ein höheres Risiko der Infektion besteht als bei der Tätigkeit einer Person, die am Empfang eines Krankenhauses hinter einer Glasscheibe sitzt.

 

Gefahr schwerer Krankheitsverläufe

Es soll danach differenziert werden, welches Risikopotenzial bei Patienten der Einrichtung besteht. So soll ein höheres Risikopotenzial bei einer Tätigkeit in einer stationären Pflegeeinrichtung im Vergleich zu einer Tätigkeit bei einem Kinderarzt bestehen.

 

Gefährdung der Versorgungssicherheit

Mit der Einfügung dieses Kriteriums kann die Gesundheitsbehörde auf eine Gefährdung der Versorgungssicherheit, die durch Tätigkeitsverbote entsteht, reagieren. Dieses Kriterium könnte in Regionen mit geringer Impfdichte in Gesundheitseinrichtungen ein erhebliches Steuerungspotenzial beinhalten. Würde ein Verbot zur Einschränkung der Versorgungssicherheit führen, die Versorgung folglich nicht mehr wie zuvor gewährleistet werden, so müsste das Gesundheitsamt die Frage klären, ob von einem Verbot abgesehen werden kann.

Das Gesundheitsamt macht dazu dann weitergehende Vorgaben hinsichtlich vorzuhaltender Kapazitäten. Die Behandlungskapazitäten wären dann nicht mehr gewahrt, wenn:

 

durch das individuelle Verbot Planbetten nach dem Thüringer Krankenhausplan nicht mehr betrieben werden können,

 

durch das individuelle Verbot eine Unterversorgung oder eine drohende Unterversorgung im ambulanten, medizinischen oder zahnmedizinischen Bereich entstehen würde,

 

bereits vor einem Verbot Wartelisten für den Zugang zu Leistungen bestehen (z. B. Aufnahme in stationären Pflegeeinrichtungen),

 

durch das Verbot es zu Schließungen gesamter stationärer Pflegeeinrichtungen oder gesamter Einrichtungen der Eingliederungshilfe kommen würde.

 

 

Weitere Kriterien, die die Gesundheitsbehörde bei der Ausübung pflichtgemäßen Ermessens beachten muss, sind:

 

die zeitliche Nähe zu einem planmäßigen Ausscheiden der betroffenen Person aus der Einrichtung (etwa wenn Auszubildende kurz vor dem Ausbildungsende stehen und danach die Tätigkeit in der Einrichtung nicht fortsetzen oder Arbeitnehmer, die kurz vor dem Ruhestand stehen),

 

eine ggf. bestehende temporäre Impfstoffknappheit, die die Erlangung einer abgeschlossenen Impfserie unmöglich machte,

 

Schwere des Eingriffs in die Berufsausübungsfreiheit; hier soll die Frage berücksichtigt werden, inwieweit eine einer Verbotsverfügung unterliegende Person außerhalb von Gesundheitseinrichtungen anderweitige Erwerbschancen hat. Das künftige Berufsausübungsrisiko wird bei gesundheitsspezifischen Berufen höher sein als bei Berufen, die auch in anderen Branchen ausgeübt werden können, wie etwa Verwaltungskräfte, Reinigungskräfte, Handwerker usw.

 

Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne; stellt sich heraus, dass die Voraussetzungen für eine Verbotsverfügung grundsätzlich gegeben sind, muss die Behörde zusätzlich prüfen, ob nicht durch mildere Maßnahmen die Wirkung eines umfassenden Tätigkeits- bzw. Betretungsverbots umgangen werden können, wie etwa eine Einschränkung der Tätigkeit in der Gesundheitseinrichtung selbst im Sinne einer beschränkenden Verbotsanordnung. Dies wird immer dann möglich sein, wenn Berufsgruppen erfasst sind, die nicht unmittelbar am Patienten tätig sind. Hier dürfte man, bei im Übrigen einrichtungsspezifisch gegebener Möglichkeit, Zugangsbeschränkungen zu bestimmten Bereichen erlassen, ohne dass ein generelles Tätigkeitsverbot verhängt wird. Damit wird auch klargestellt, dass im Einzelfall ein Betretungsverbot oder ein Tätigkeitsverbot oder eine Kombination aus beiden erlassen werden kann. Gegebenenfalls kann auch eine zeitliche Beschränkung des Tätigkeits- bzw. Betretungsverbots verhängt werden, wenn die Gesundheitseinrichtung mit Betriebs- oder Geschäftszeiten arbeitet und der Arbeitserfolg der betroffenen Person auch außerhalb der Geschäftszeiten erreicht werden kann. Voraussetzung wäre, dass kein Kontakt zu Patienten/Bewohnern/Betreuten oder Pflegepersonal gegeben ist.

 

 

Bei der Ermessensausübung kommt es im Wesentlichen auf die Umstände des Einzelfalls, in denen die tätige Person arbeitet, an. Somit wird es auch wesentlich auf die Zuarbeit der Gesundheitseinrichtung im Rahmen der Anhörung des Verwaltungsverfahrens ankommen. Sieht die Gesundheitseinrichtung Möglichkeiten des weiteren Arbeitseinsatzes, ohne vulnerable Personengruppen zu gefährden, ist dies durch die Gesundheitseinrichtung entsprechend dem Gesundheitsamt zu kommunizieren, damit dieses eine modifizierte Entscheidung zur Vermeidung eines vollständigen Tätigkeits-, Betretungsverbotes treffen kann. Ebenso wird es dann auch auf die Positionierung der betroffenen Person im laufenden Verbotsverfahren ankommen.

 

Entscheidung über Tätigkeits- und Betretungsverbot

  

Kommt es zu einer Verbotsverfügung, ggf. mit Einschränkungen, soll die Behörde die Umsetzung so terminieren, dass ein Zeitraum von nicht weniger als 10 Tagen zwischen der Bescheiderteilung und der Umsetzung liegt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass etwaige Rechtsmittel, die gegen den Bescheid eingelegt werden können, keine aufschiebende Wirkung haben, der Bescheid also sofort vollzogen werden kann. Damit bleiben einem Unternehmen effektiv 10 Tage nach Bescheiderteilung für personelle Dispositionen.

 

Außerdem ist der Bescheid zum Tätigkeits-, Betretungsverbot nicht nur der betroffenen Person, sondern auch der Einrichtungsleitung jeweils mit Rechtsbehelfsbelehrung zuzustellen, woraus geschlussfolgert werden kann, dass offensichtlich auch die Gesundheitseinrichtung sodann ein Rechtsmittel gegen ein entsprechend verhängtes Verbot hat.

 

V. Exkurs Kontraindikationsnachweis

 

Auch die Vorlage eines Kontraindikationsnachweises bis zum 15.03.2022 würde genügen, um einem anschließenden Verwaltungsverfahren des Gesundheitsamtes zu entgehen. In diesem Fall hat die Gesundheitseinrichtung das zuständige Gesundheitsamt nur dann zu informieren, wenn Zweifel an der Richtigkeit des Kontraindikationsnachweises bestehen.

 

Das Gesundheitsamt verlangt sodann von der betroffenen Person einen Nachweis mit entsprechender ärztlicher Diagnose und Begründung. Dabei muss der ärztliche Nachweis wenigstens solche Angaben zur Art der Kontraindikation enthalten, die das Gesundheitsamt in die Lage versetzen, eine Plausibilitätsprüfung vorzunehmen. Nicht ausreichend ist ein ärztlicher Nachweis, der sich auf die Wiederholung des Gesetzestextes zum Bestehen einer medizinischen Kontraindikation beschränkt. Ergeben sich in der Gesamtschau Anhaltspunkte, dass es sich um ein Gefälligkeitsattest handeln könnte oder bestehen sonstige berechtigte Zweifel an der Richtigkeit des Zeugnisses, muss das Zeugnis von der Gesundheitsbehörde nicht anerkannt werden. Wird das Attest von einem Arzt ausgestellt, der nicht der behandelnde Arzt der betroffenen Person ist oder der für eine häufige Ausstellung derartiger Atteste bekannt ist, verbleibt es bei der Zweifelregelung. Im Zweifel muss damit das Attest nicht anerkannt werden. Dazu bedarf es dann auch keiner weiteren ärztlichen Untersuchung.

 

Wird mit Blick auf die genannten Kontraindikationen eine ärztliche Untersuchung notwendig, beauftragt das Gesundheitsamt dazu einen vertraglich gebundenen Honorararzt.

 

Bestätigt sich im Ergebnis der Überprüfung der Verdacht, dass ein vorgelegter Kontraindikationsnachweis unecht oder inhaltlich falsch ist, hat das Gesundheitsamt den Vorgang an die Strafverfolgungsbehörden zu übergeben. Allerdings hat die Gesundheitsbehörde bis zur abschließenden strafrechtlichen Klärung des Vorwurfs der Nachweisfälschung das Verbotsverfahren  nicht fortzuführen!

 

Unterzieht sich eine betroffene Person einer vom Gesundheitsamt angeordneten ärztlichen Untersuchung nicht, soll die Pflicht zur ärztlichen Untersuchung nicht vollstreckt werden. Vielmehr ist die Person so zu behandeln, als hätte sie keinen Nachweis vorgelegt (Einleitung bzw. Fortführung des Verbotsverfahrens).

 

 

Fazit

 

Der Erlass des Landesgesundheitsministeriums regelt zum Teil bis ins kleinste Detail die Verfahrensnotwendigkeiten. Dies ist sicherlich hilfreich, wird aber angesichts der Fülle der Fakten sicherlich auch zu einer Beschwernis für die Gesundheitsämter führen. Es wird sich zeigen, ob die Umsetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht so wie gewünscht von den Gesundheitsämtern vollzogen werden kann.

 

Für weitere Rückfragen und Unterstützung zur Umsetzung stehen wir selbstverständlich jederzeit gern zur Verfügung.  

 

mitgeteilt von

Michael Koch

Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt

Stephanie Has

Fachanwältin für Arbeitsrecht

Rechtsanwältin