Arbeitsrecht 06.03.2019

+++ Arbeitsrecht Top-Meldung +++ Erben eines verstorbenen Arbeitnehmers können Abgeltung des nicht genommenen Urlaubs verlangen +++ EuGH ändert deutsches Erbrecht +++

Sehr geehrte Damen und Herren,


nachstehend informiere ich Sie über eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 06.11.2018.


Der Fall:


Eine Ehefrau verlangt als Erbin ihres verstorbenen Ehemannes von dem Arbeitgeber eine finanzielle Vergütung für Jahresurlaub, den dieser vor seinem Tod nicht mehr in Anspruch nehmen konnte. Der Ehemann war während des bestehenden Arbeitsverhältnisses verstorben. Dadurch endete das Arbeitsverhältnis kraft Gesetzes.


Das Urteil:


In Deutschland galt bislang der Grundsatz, dass der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub den Zweck verfolgt, den Arbeitnehmer Erholung zu ermöglichen und einen Zeitraum für Freizeit und Entspannung zur Verfügung zu stellen. Es handelt sich also der Art nach um ein höchst persönliches Recht, das nur der Arbeitnehmer selbst geltend machen kann. Dies findet seinen Niederschlag im deutschen Erbrecht, wonach solche Rechte, die der Verstorbene nur höchst persönlich in Anspruch nehmen konnte, nicht auf die Erben im Wege des Erbfalles übergehen.


Angesichts der sich drastisch verändernden Rechtsprechung des EuGH zum Urlaubsrecht in den letzten Jahren legte das in III. Instanz zuständige Bundesarbeitsgericht den Fall dem Europäischen Gerichtshof vor.


Der EuGH urteilte, dass der Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub nach EU-Recht nicht mit seinem Tod untergeht. Die Erben des verstorbenen Arbeitnehmers könnten eine finanzielle Vergütung für den von ihm nicht genommenen Jahresurlaub verlangen. Sofern das deutsche Recht eine solche Möglichkeit nicht gewähre, würde es mit dem EU-Recht unvereinbar sein und von den Grundsätzen des EU-Rechts verdrängt. Die Erben könnten sich unmittelbar auf das EU-Recht berufen und sowohl von öffentlichen wie auch von privaten Arbeitgebern eine finanzielle Vergütung des nicht genommenen Urlaubs anstatt des Verstorbenen verlangen.


Zur Begründung dieser Abweichung vom deutschen Recht wandte der EuGH einen Trick an. Er hielt nämlich fest, dass der Urlaub eines Arbeitnehmers eben nicht nur eine Erholungskomponente habe, sondern auch eine finanzielle Dimension. Allein diese finanzielle Seite des Urlaubs würde dazu führen, dass der Urlaubsanspruch erbrechtlich in die Erbmasse des verstorbenen Arbeitnehmers und damit auf die Erben übergeht.


Folgen für die Personalpraxis:


Es bleibt abzuwarten, welche Dimension dieses Urteil im Personalwesen einnehmen wird. Insbesondere wird sich die nationale Rechtsprechung damit beschäftigen müssen, ob etwaige im Arbeitsvertrag oder im Tarifvertrag enthaltene Ausschlussfristen sich auch auf die vererbten Urlaubsabgeltungsansprüche auswirken oder ob diese Ansprüche immun gegen die Verfallfristen sind.


Sollten Sie zu dieser Entscheidung und einer vergleichbaren Rechtsproblematik weitere Fragen oder Beratungsbedarf haben, zögern Sie nicht uns zu kontaktieren info@koch-boikat.de oder telefonisch unter 03631/434990 oder 0173/3513782.


mitgeteilt von



Rechtsanwalt Michael Koch

Fachanwalt für Arbeitsrecht