Thema: Die Abmahnung im Arbeitsverhältnis
Die Abmahnung von Pflichtverletzungen ist ein Instrument des Arbeitgebers pflichtwidriges Verhalten des Arbeitnehmers zu sanktionieren (Sanktionsinstrument).
Sie geht einer verhaltensbedingten Kündigung regelmäßig voraus und ist damit das geeignete mildere Mittel, um Verhaltensstörungen zu beseitigen und zu vermeiden. Das Abmahnungserfordernis ist zwischenzeitlich in § 314 Abs. 2 BGB gesetzlich geregelt.
I. Grundsätzlich: Abmahnung vor Kündigung
Wie oben ausgeführt kann der Arbeitgeber eine verhaltensbedingte Kündigung nur dann auf eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung des Arbeitnehmers stützen, wenn dieser zuvor durch den Arbeitnehmer wegen einschlägigen Fehlverhaltens abgemahnt worden ist.
Eine Abmahnung ist nur dann entbehrlich, wenn eine besonders schwere Pflichtverletzung des Arbeitnehmers vorliegt, die Rechtswidrigkeit des Verhaltens für den Arbeitnehmern ohne Weiteres erkennbar ist und eine Hinnahme durch dieses Verhalten durch den Arbeitgeber offensichtlich ausgeschlossen ist.
Beispiele / Entbehrlichkeit der Abmahnung
II. Notwendiger Inhalt
a) Hinweisfunktion
Die Abmahnung hat die Funktion dem Arbeitnehmer sein vertragswidriges Verhalten aufzuzeigen. Es wird vom Arbeitgeber gerügt und Konsequenzen im Wiederholungsfall angedroht.
Der Arbeitgeber muss in einer für den Arbeitnehmer hinreichend deutlich erkennbaren Art und Weise Vertragspflichtverletzungen beanstanden und damit den Hinweis verbinden, dass im Wiederholungsfalle der Inhalt oder der Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet ist (BAG, 30.05.1996 - 5 AZR 537/95)
Eine Abmahnung die diesen Anforderungen nicht entspricht, ist unwirksam. Da der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer sein vertragswidriges Verhalten aufzeigen will, muss der Arbeitgeber substantiiert den Pflichtverstoß im Einzelnen darstellen. Schlagwortartige Beschreibungen genügen nicht, sondern für zur Unwirksamkeit der Abmahnung. Es empfiehlt sich daher eine ausführliche Darstellung des abmahnungsbelasteten Sachverhalts.
b) Warnfunktion
Mit der Abmahnung verlangt der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer sich künftig vertragsgerecht zu verhalten und verbindet dies mit der Androhung, dass im Wiederholungsfall der Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet ist. Dies muss er dem Arbeitnehmer deutlich signalisieren. Es genügt nicht, wenn er etwa "weitere rechtliche Schritte" oder "arbeitsrechtliche Konsequenzen" androht. Verwendet der Arbeitgeber derartige Formulierungen, ist die Warnfunktion der Abmahnung nicht erfüllt und diese allein aus diesem Grund unwirksam. Der Arbeitgeber muss daher einen deutlichen ggf. sogar drucktechnisch hervorgehobenen Hinweis in das Abmahnungsschreiben aufnehmen, dass "...der Arbeitnehmer mit der, ggf. auch außerordentlichen Kündigung seines Arbeitsverhältnisses rechnen muss, wenn er erneut in der gerügten oder ähnlichen Art und Weise gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstößt...".
III. Form der Abmahnung
Eine Abmahnung ist nicht formgebunden, kann daher auch mündlich ausgesprochen werden. Aus Beweisgründen empfehle ich jedoch die Abmahnung umfassend mündlich auszusprechen und sodann schriftlich zu bestätigen. Den Empfang soll der Arbeitnehmer schriftlich quittieren, ggf. Übergabe unter Zeugen.
IV. Wer ist Abmahnungsberechtigt?
Zum Ausspruch einer Abmahnung sind alle Mitarbeiter, die aufgrund ihrer Aufgabenstellung befugt sind, verbindliche Anweisungen bezüglich der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung zu erteilen, befugt (z. B. Meister, Abteilungsleiter, Teamleiter o. ä.) Es ist aber allein aus Beweiszwecken dringend zu empfehlen, dass im Betrieb die Abmahnungsbefugnis ausschließlich der direkten Betriebsleitung bzw. der Personalleitung zugeordnet wird.
V. Anhörung des Arbeitnehmers
Grundsätzlich ist eine Anhörung des Arbeitnehmers nicht für die Wirksamkeit der Abmahnung erforderlich. Der Arbeitgeber sollte allerdings bereits mit Blick auf die Zielrichtung der Abmahnung den Arbeitnehmer künftig zu vertragsgerechten Verhalten zu bewegen, die Vertragspflichtverletzung mit dem Arbeitnehmer besprechen.
Hinweis für den Bereich des öffentlichen Dienstes: § 13 Abs. 2 Satz 1 BAT sah vor, dass der Arbeitnehmer vor dem Ausspruch der Abmahnung anzuhören ist. Diese Regelung ist im TVÖD (geltend ab Oktober 2005) nicht mehr vorgesehen.
VI. Erklärungsfrist
Für den Ausspruch der Abmahnung gibt es keine Erklärungsfrist. Insbesondere sind nicht die Frist für den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung von 2 Wochen gemäß § 626 Abs. 2 BGB oder die Frist für die Erhebung einer Kündigungsschutzklage, 3-Wochenfrist anwendbar. Allerdings kann der Ausspruch einer Abmahnung nach Verstreichenlassen einer längeren Periode (ab 6 Monate) seit Kenntnis der Pflichtverletzung verwirkt sein.
VII. Rechte des Arbeitnehmers
a) Gegendarstellung
Der Arbeitnehmer kann schriftlich zu dem Abmahnungsvorwurf Stellung nehmen. Er kann nach § 83 Abs. 2 BetrVG (BetrVG) verlangen, dass seine Stellungnahme zur Personalakte genommen wird.
b) Entfernung aus der Personalakte
Der Arbeitnehmer kann, ggf. durch gerichtliche Klage durchsetzbar, vom Arbeitgeber verlangen, dass eine unwirksame Abmahnung aus der Personalakte entfernt wird. Das betrifft sowohl von Anfang an unwirksame Abmahnungen wegen formeller oder inhaltlicher Mängel als auch zur Personalakte genommene Abmahnungen, deren Wirksamkeit nach Zeitablauf entfallen ist.
Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitnehmer regelmäßig kein Rechtsschutzinteresse, die Entfernung einer Abmahnung aus einer Personalakte zu verlangen.
c) Widerruf
Neben dem Anspruch auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte kann der Arbeitnehmer auch den Widerruf der in der Abmahnung angegebenen Tatsachenbehauptungen gerichtlich verlangen.
d) Beschwerderecht
Ferner kann sich der Arbeitnehmer beim im Betrieb ggf. existierenden Betriebsrat gemäß § 84 Abs. 1 BetrVG über die Erteilung der Abmahnung beschweren. Der Betriebsrat kann, sofern er die Abmahnung für unwirksam hält, vom Arbeitgeber verlangen, Abhilfe zu schaffen. Hilft der Arbeitgeber nicht ab, kann der Betriebsrat allein wegen der Abmahnungsproblematik die Einigungsstelle anrufen.
IX. Ermahnung als milderes Mittel
Die Ermahnung oder Verwarnung ist nicht mit dem Rechtscharakter einer Abmahnung gleichzusetzen. Sie ist ein vergleichbar milderes rechtliches Mittel und stellt eine sogenannte Vertragsrüge dar, die aber grundsätzlich keine Vorstufe für eine verhaltensbedingte Kündigung ist. Entspricht allerdings eine als Ermahnung oder Verwarnung überschriebene Rüge des Arbeitgebers inhaltlich den Anforderungen an eine Abmahnung (hinreichend genaue Darstellung der Pflichtverletzung und Kündigungsandrohung), liegt in Wirklichkeit eine Abmahnung im rechtlichen Sinne vor. Gegen den Ausspruch einer Ermahnung oder Verwarnung hat der Arbeitnehmer keine Rechtsmittel.
Da die Abmahnung regelmäßig Vorstufe einer verhaltensbedingten Kündigung ist, ist auf Unternehmerseite strikt darauf zu achten, dass die Wirksamkeitsvoraussetzungen für eine Abmahnung unbedingt eingehalten werden. Anderenfalls können objektiv unwirksame Abmahnungen, auch wenn sie nicht vom Arbeitnehmer angegriffen werden, nicht zur Begründung des Ausspruchs einer verhaltensbedingten Kündigung herangezogen werden.
Wenn Sie Fragen im Zusammenhang mit dem beabsichtigten Ausspruch einer Abmahnung oder der Vorbereitung einer verhaltensbedingten Kündigung haben, wenden Sie sich bitte vertrauensvoll an Unterzeichnenden. Darüber hinaus stehe ich jederzeit für andere arbeitsrechtliche Fragen persönlich oder fernmündlich zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Koch
Rechtsanwalt
- Fachanwalt für Arbeitsrecht -
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